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Source: Coop Coopération |
Wie der Vater ...
16 Jahre nach seinem Vater Philippe, nimmt der Springreiter Steve Guerdat an Olympischen Spielen teil. Ein Briefwechsel, exklusiv für die Coopzeitung.
«Geniesse die einmaligen Momente»
Lieber Steve
Ich weiss, dass die Olympischen Spiele für dich vor allem von grosser sportlicher Bedeutung sind. Aber für den Fall, dass du in Griechenland deine Ziele nicht erreichen solltest, denke daran: aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Du bist erst 22 Jahre alt, hast einen eisernen Willen und das Zeug dazu, einer der weltbesten Turnierreiter zu werden. Du gehörst jetzt schon zu den 25 besten; ich selber habe es nur auf den 75. Platz geschafft, und das zu einer Zeit, als der Wettbewerb noch nicht so hart war. Als ich 1984 in Los Angeles zum ersten Mal bei Olympischen Spielen dabei war, war ich 32. Vier Jahre später in Seoul war dies zum zweiten Mal der Fall. Es waren Höhepunkte in meiner Karriere. Ich erlebte einzigartige Momente, vor allem in den Vereinigten Staaten, wo ich an einer grandiosen Eröffnungsveranstaltung teilnahm. In Seoul wohnte ich im olympischen Dorf. Dies war eine wertvolle Erfahrung. Leider haben wir in Los Angeles die Bronzemedaille um zwei Pünktchen verpasst. Das war ärgerlich. Doch es zeigte mir die relative Bedeutung Olympischer Spiele: Schön, wenn man eine Eintrittskarte hat; aber wenn man ohne Medaille zurückkommt, vergisst die Öffentlichkeit schnell, dass man dabei war.
Lieber Steve, Tausende von Spitzensportlern auf der ganzen Welt würden jetzt gerne an deiner Stelle stehen. Deshalb rate ich dir: Geniesse die einmaligen und unvergesslichen Momente, die du in Athen erleben wirst und denke für einmal nicht an morgen! Alle meine besten Wünsche für Glück und Erfolg gebe ich dir mit auf den Weg nach Athen.
Dein Vater, Philippe
«Drück mir die Daumen, Papa!»
Lieber Papa
Dir habe ich es zu verdanken, dass ich mich für die Olympischen Spiele in Athen qualifiziert habe. Du hast mir das Handwerkszeug mit auf den Weg gegeben, das es mir erlaubt, erfolgreich zu sein. Es liegt nun an mir, die Gelegenheit auch zu nutzen. Seit meiner Kindheit hast du mir bei den verschiedenen Turnieren immer die nötigen Ratschläge für eine Teilnahme an den Olympischen Spielen mit auf den Weg gegeben. Und dafür bin ich dir dankbar.
Dass ich nominiert wurde, erstaunte mich eigentlich nicht. Aber ich hätte abgelehnt, wenn ich keine Chance sehen würde, mich für das Einzelfinale zu qualifizieren. Olympia ist eine zu wichtige Veranstaltung, als dass man sich einen Patzer erlauben könnte. Die Nominierung hat meinen Alltag kaum be- einflusst. Ich habe das ganze Jahr über intensiv trainiert und brauche deshalb kein besonderes Training mehr. Obwohl, der Parcours wird wohl etwas schwieriger sein als bei einem «normalen» Wettkampf. Doch deshalb werde ich vor dem Start kaum nervöser sein als üblich. Man wird sich der Bedeutung eines solchen Ereignisses ohnehin erst bewusst, wenn man an Ort und Stelle ist. Die Olympischen Spiele sind ein grossartiges Ereignis, und deshalb will ich alles daran setzen, um in Athen erfolgreich zu sein.
Lieber Papa, bitte drück mir die Daumen für Athen. Es wäre eine Ehre für mich, wenn du im Publikum dabei wärst, wenn ich an den Start gehe.
Alles Gute, Steve
Das olympische Feuer brennt auch für die Schweiz
Fünf bis neun Medaillen soll die Schweiz bei den am 13. August beginnenden Olympischen Spielen in Athen gewinnen. Hoffnungen ruhen unter anderem auf den Springreitern.
Eine Medaille in Barcelona 1992, sieben in Atlanta 1996 und neun in Sydney 2000: «Wenn es so weitergehen würde, wäre dies natürlich wunderbar», sagt Werner Augsburger. Dass dies nur wenig wahrscheinlich ist, weiss der Chef de Mission der Schweizer Delegation bei den Olympischen Spielen in Athen. Aber: «Fünf bis neun Medaillen sollten es schon werden, dazu 20 Diplome, also Platzierungen unter den ersten acht.»
Medaillen erwartet Augsburger in erster Linie im Beachvolleyball (Heuscher/Kobel, Laciga/Laciga), im Bahnradfahren (Marvulli, Risi, Thürig), im Mountainbike (Blatter, Sauser) und im Tennis (Federer). In diesen Sportarten seien Athletinnen und Athleten am Start, die in der Vergangenheit Weltklasseleistungen gebracht und den Beweis erbracht hätten, dass sie mit grossem Erwartungsdruck umgehen könnten. Ebenfalls, wenn auch ein geringeres Medaillen-Potenzial, ortet der Chefcoach in den Sportarten Fechten, Judo, Triathlon, Springreiten und Radzeitfahren, eventuell im Schiessen und Segeln.
Insgesamt kämpfen vom 13. bis 29. August 10500 Athletinnen und Athleten aus 202 Ländern in 28 Sportarten um 301 Medaillen-Sätze. Die Schweiz ist mit rund 100 Aktiven in 16 Sportarten vertreten. 80 Betreuer vervollständigen die Delegation. Kostenpunkt der Mission: 2,61 Millionen Franken. «One Team - One Spirit» lautet das Motto der Eidgenossen. Eine eigens komponierte Hymne der Rockband «Gotthard» trägt den gleichen Titel.
Als Premiere wird in den kommenden Tagen im Zürcher Hauptbahnhof der Swiss Olympic Park aufgebaut: Ein 16 Meter hohes Akropolis-Modell mit einer Fläche von 1400 Quadratmetern. Es beherbergt unter anderem ein Selbstbedienungsrestaurant mit 300 Sitzplätzen und eine Grossleinwand, auf der die olympischen Wettkämpfe übertragen werden. Täglich gibts einen Überraschungsgast und am 30. August ein Konzert von Gotthard.
2004